Was bedeutet Selbsthilfe?
Selbsthilfe ist immer dort entstanden, wo Menschen Notlagen aus eigener Kraft gemeistert haben. Formen der Selbsthilfe finden sich bereits in mittelalterlichen Gilden. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts haben Menschen Selbsthilfe in Genossenschaften verwirklicht. Durch diese und ähnliche Vereinigungen haben Menschen ihre materielle Not gelindert.
Nach 1935 entstanden in Amerika die ersten Selbsthilfegruppen von alkoholabhängigen Menschen , die Anonymen Alkoholiker. Daraus entstand eine weltweite Bewegung von Anonymen Gruppen, die alle nach dem 12-Schritte-Programm arbeiten.
Nach dem zweiten Weltkrieg wurden Selbsthilfe-Organisationen gegründet. Sie vertreten seither die Interessen von Menschen, die unter den Folgen von Krankheiten und Behinderungen leiden. Seit dem Ende der siebziger Jahre gibt es Selbsthilfegruppen. Ihre Mitglieder helfen sich gegenseitig, die ständig wachsenden Anforderungen im täglichen Leben zu bewältigen.
Heute wird mit dem Begriff Selbsthilfe ein breites Spektrum verschiedener Zusammenschlüsse bezeichnet. Sie unterscheiden sich in ihren Zielen, ihren Organisationsformen und in ihren Arbeitsweisen. Die Gruppierungen, die das Selbsthilfe-Spektrum am stärksten prägen, sind neben den Selbsthilfegruppen die Selbsthilfe-Organisationen und Selbsthilfe-Initiativen.
Selbsthilfegruppen
Selbsthilfegruppen sind Zusammenschlüsse von etwa sechs bis zwölf Personen. Die Mitglieder einer Selbsthilfegruppe stehen in ähnlichen Lebenssituationen oder sind von vergleichbaren Schwierigkeiten betroffen. Das Ziel ihrer gemeinsamen Arbeit ist die Bewältigung sozialer, persönlicher oder krankheitsbedingter Belastungen. Das Ziel von Selbsthilfegruppen ist, die persönliche Situation des einzelnen Gruppenmitglieds zu verbessern und seine sozialen Fähigkeiten zu stärken oder zu erweitern.
Selbsthilfegruppen arbeiten ohne formelle oder professionelle Leitung. Sie gestalten die Form ihres Miteinanders entsprechend den Bedürfnissen ihrer Mitglieder. Die Methode von Selbsthilfegruppen ist das regelmäßige, meist wöchentliche, gemeinsame und gleichberechtigte Gespräch.
Menschen, die in einer Selbsthilfegruppe arbeiten, stärken sich durch ihre vertrauensvolle Beziehung zu den anderen Gruppenmitgliedern. Sie festigen ihr Selbstwertgefühl und lernen, ihre sozialen Beziehungen außerhalb der Gruppe zu verbessern.
Selbsthilfe-Organisationen
Selbsthilfe-Organisationen sind große, meist überregional organisierte Zusammenschlüsse chronisch kranker oder behinderter Menschen, deren Angehörigen und medizinischen Fachleuten.
- Sie streben die Verbesserung der Lebenssituationen der Menschen an, die unter einer Behinderung oder einer chronischen Erkrankung leiden.
- Sie sorgen für eine bessere medizinische und soziale Versorgung der Betroffenen.
- Selbsthilfe-Organisationen informieren über Ursachen, Folgen und Begleiterscheinungen einer Erkrankung oder Behinderung.
- Sie leisten gezielte Öffentlichkeitsarbeit und stellen medizinische, technische und rechtliche Hilfen bereit (z.B. Gymnastikkurse für Rheumakranke, Ernährungsberatung, Informationen bei der prothetischen Versorgung nach operativen Organentfernungen, in sozialen und versicherungsrechtlichen Fragen). Um ihrem breiten Arbeitsfeld gerecht zu werden, brauchen Selbsthilfe-Organisationen einen durchsetzungsfähigen Verband. Die Verbandsarbeit teilen sich, je nach Verantwortlichkeit, Vorsitzende, Geschäftsführer, Regionalleiter und Ortsgruppenleiter.
Selbsthilfe-Organisationen ergänzen unser Gesundheits- und Sozialsystem. Durch Interessenvertretung und Serviceleistungen sorgen sie für die gesellschaftliche Integration kranker oder behinderter Menschen.