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Aktionswoche Schuldnerberatung stellt Überschuldungsgefahr in den Mittelpunkt

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PM 15/22 v. 24.05.2022

„... und plötzlich überschuldet“ ist das Motto er Aktionswoche Schuldnerberatung vom 30. Mai bis 3. Juni., organisiert von Wohlfahrts- und Fachverbänden. „Durch sich ändernde Lebensumstände können Menschen ganz plötzlich in die Gefahr kommen, sich zu überschulden. Und damit beginnt nicht selten ein Teufelskreis“, sagt Kerstin Tack, Vorsitzende des Paritätischen Niedersachsen. „Dieses Risiko, das uns alle treffen kann, wollen wir mit dieser Aktionswoche thematisieren.“

Die AG Schuldnerberatung, der verschiedene Verbände angehören, führt diese Aktionswoche seit mittlerweile mehr als 20 Jahren durch. Wolfgang Lippel arbeitet seit vielen Jahren als Schuldnerberater beim Paritätischen Nienburg und vertritt den Paritätischen in diesem bundesweiten Zusammenschluss der Schuldnerberatung. „Verschuldung ist allgemein gesellschaftlich akzeptiert und wirtschaftlich gewollt“, sagt er. „Die Finanzierung von Eigenheimen, Autos, Smartphones und anderem mehr ist volkswirtschaftlich notwendig, da viele Menschen solche Anschaffungen nicht allein aus ihren Rücklagen finanzieren können.“ Diese kontrollierte Verschuldung kann aber, so der Berater, in Krisensituationen schnell in Überschuldung umschlagen – also in eine Situation, in der die Einnahmen des Haushalts nicht mehr ausreichen, um die Ausgaben zu decken. Diese Krisen können durch Arbeitslosigkeit, Krankheit, Beziehungstrennungen, gescheiterte berufliche Selbstständigkeit (gerade bei Soloselbstständigen) oder auch eine Mischung von mehreren Ursachen entstehen. Besonders einkommensschwache Haushalte sind betroffen. Häufige Folgen: Isolation und die Stigmatisierung als Menschen, die nicht mit Geld umgehen können. Der Weg zur Schuldnerberatung ist dann oft unvermeidlich.

Die Krisen, Probleme und Sorgen der Ratsuchenden seien vielfältig, sagt Lippel. „Deshalb bedarf es einer finanziell und personell gut aufgestellten Sozialen Schuldnerberatung.“ Deren große Erfolgsaussichten bei Existenzsicherung, Schuldenregulierung und Verbesserung der wirtschaftlichen, persönlichen und familiären Situation sind in diversen Studien nachgewiesen worden. Eine der zentralen Forderungen der Aktionswoche ist entsprechend auch die Verankerung des Rechts auf Schuldnerberatung auf gesetzlicher Grundlage, unabhängig von der Lebens- und Einkommenssituation der Ratsuchenden. „Dies muss einhergehen mit einem bedarfsgerechten Ausbau der Beratungsstellen und deren auskömmlicher Finanzierung“, sagt Lippel.

Eine weitere Forderung: Die Speicherfristen von Schuldendaten bei Auskunfteien müssen deutlich verkürzt werden. Nach der jüngsten Reform ist es zwar möglich, im Insolvenzverfahren eine Schuldbefreiung nach drei Jahren zu erhalten. Diese würde aber bei der SCHUFA noch für weitere drei Jahre eingetragen bleiben, ebenso bereits erledigte Forderungen. „Das erschwert die Wiedereingliederung der Betroffenen in den wirtschaftlichen Kreislauf“, so der Schuldnerberater. „Für sie ist es dann schwer bis unmöglich, zum Beispiel eine neue Wohnung zu finden. Eine Speicherfrist von höchstens einem halben Jahr für erledigte Forderungen wäre völlig ausreichend.“

Immer wichtiger wird auch die technische Ausstattung der Beratungsstellen. Das zeigte sich gerade in der Corona-Pandemie, als die klassische direkte Beratung nicht möglich war und andere Möglichkeiten der Kommunikation dringend nötig wurden. „Die Digitalisierung schreitet überall voran“, sagt Kerstin Tack vom Paritätischen Niedersachsen. „Die Schuldnerberatungsstellen wollen und müssen ihren Klient*innen entsprechende Angebote machen, sind damit aber finanziell und technisch oft überfordert. Sie brauchen dabei entsprechende Unterstützung.“