Paritätische Studie zeigt: Wohnkosten machen Niedersächs*innen arm
Die heute vom Paritätischen Gesamtverband veröffentlichte neue Wohnarmutsstudie offenbart ein alarmierendes Bild für Niedersachsen: 1,93 Millionen Menschen im Land gelten demnach als arm – 569.000 mehr, als es die herkömmliche Armutsmessung ohne Berücksichtigung der Wohnkosten bislang ausgewiesen hat. Die Wohnarmutsquote in Niedersachsen steigt damit von 21,8 Prozent im Jahr 2024 auf 24,5 Prozent (bundesweit 22,3 Prozent) und liegt deutlich über der konventionellen Armutsquote von 16,9 Prozent. Mit einer Differenz von 7,6 Prozentpunkten zur konventionellen Armutsquote gehört Niedersachsen zu den Bundesländern, in denen hohe Mieten die Armut besonders stark verschärfen.
„Diese Zahlen sind ein sozialpolitischer Weckruf“, betont Kerstin Tack, Vorsitzende des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Niedersachsen. „Mehr als jede vierte Person in Niedersachsen gerät durch Miet- und Energiekosten unter die Armutsgrenze. Wohnen darf nicht länger ein Armutsrisiko sein – doch genau das passiert derzeit in dramatischem Ausmaß.“
Die Studie zeigt: In ganz Deutschland steigt die Armut durch Wohnkosten um 5,4 Millionen Menschen. Besonders betroffen sind Alleinerziehende, junge Erwachsene, Senior*innen und Erwerbslose – Gruppen, die auch in Niedersachsen eine große Rolle in der sozialen Infrastruktur und Unterstützungssystemen spielen. Die Auswirkungen sind bereits spürbar: immer mehr Haushalte kämpfen mit Mietschulden, Überbelegung oder der Gefahr, ihre Wohnung zu verlieren.
„Wenn Menschen bis zu 50% ihres Einkommens für Miete ausgeben müssen, bleibt kein Raum für ein würdevolles Leben“, so Tack weiter. „Das Risiko von Überschuldung, sozialer Ausgrenzung und Wohnungslosigkeit steigt – und die Hilfesysteme geraten zunehmend unter Druck. Wir brauchen eine Sozial- und Wohnungspolitik, die sich an den Realitäten der Menschen orientiert. Wohnen ist ein Menschenrecht – und kein Luxusgut. Die Landes- und Bundesregierung müssen jetzt gemeinsam handeln, damit die Wohnung nicht länger zur Armutsfalle wird.“
Der Paritätische Niedersachsen fordert deshalb entschlossenes politisches Handeln:
- eine deutliche Ausweitung des sozialen und bezahlbaren Wohnungsbaus,
- die Entfristung von Sozialbindungen,
- konsequentes Vorgehen gegen überhöhte Mieten und Mietwucher,
- eine Reform des Wohngelds und der Kosten-der-Unterkunft-Regelungen,
- sowie mehr Investitionen in Präventionsangebote, um Wohnungsverlust zu verhindern,
- eine effektive Nutzung des kommunalen Vorkaufsrechts von Grund und Boden und Ausgestaltung von Förderungen nach Konzeptvergabe und
- eine Stärkung der Erbbaurechtsvergabe.
Die Studie „Mieten fressen Einkommen – Paritätischer Bericht zu Wohnarmut“ basiert auf einer Sonderauswertung des Statistischen Bundesamts (MZ-SILC 2024). Sie zeigt erstmals umfassend, wie viele Menschen in den Ländern faktisch arm sind, wenn die tatsächlichen Wohnkosten berücksichtigt werden.
► Sie können die komplette Studie hier herunterladen.

