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Gedenktag für verstorbene Drogengebrauchende: Überdosierung und Drogentod verhindern
133 Menschen sind 2024 in Niedersachsen im Zusammenhang mit Drogenkonsum ums Leben gekommen. Das sind 55 Prozent mehr als noch 2021 (86 Drogentote) – eine besorgniserregende Tendenz, auf die der Paritätische Niedersachsen und seine Tochtergesellschaft, die Paritätische Suchthilfe Niedersachsen, anlässlich des „Gedenktags für verstorbene Drogengebrauchende“ am 21. Juli aufmerksam machen.
Seit 1998 erinnert der bundesweite Gedenktag an die Schicksale der betroffenen Menschen, die infolge von Substanzkonsum und unzureichender Gesundheitsversorgung sterben mussten. Der Gedenktag setzt ein klares Zeichen: Jeder Drogentod ist einer zu viel. In diesem Jahr steht der Gedenktag unter dem Motto „Überdosierung und Drogentod können alle Menschen (be-)treffen.“ Eine Überdosierung oder der Tod durch Langzeitfolgen wie HIV und Hepatitis trifft nicht nur die Drogengebrauchenden, sondern auch Angehörige, Freund*innen, Kolleg*innen, Nachbar*innen, die einen nahestehenden Menschen verlieren. Die deutliche Botschaft: Substanzkonsum ist keine Frage des sozialen Milieus. Drogenkonsum findet in der Mitte unserer Gesellschaft statt – und kann jede und jeden betreffen.
„Der Tod durch eine Überdosis ist kein Einzelschicksal – er ist Ausdruck politischer Versäumnisse. Es reicht nicht, einmal im Jahr zu gedenken. Wir brauchen eine konsequente Neuausrichtung der Drogenpolitik: weg von Kriminalisierung, hin zu Gesundheitsschutz und Menschenwürde“, sagt Kerstin Tack, Vorsitzende des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Niedersachsen.
Ein besonderer Risikofaktor ist der zunehmende Konsum synthetischer Opioide, insbesondere Fentanyl, das ein erhebliches Überdosierungsrisiko birgt. Vor diesem Hintergrund fordern der Paritätische Niedersachsen und die Paritätische Suchthilfe Niedersachsen:
- Flächendeckende Drug-Checking-Angebote, damit Konsumierende ihre Substanzen testen lassen können und besser geschützt sind.
- Den Ausbau und die verlässliche Finanzierung niedrigschwelliger Hilfsangebote für drogengebrauchende Menschen.
- Einen verbesserten Zugang zu Notfallmedikamenten für Ersthelfer*innen (z.B. das Nasenspray Naloxon)
- Eine Entstigmatisierung von Sucht und Suchterkrankungen – hin zu einem offenen gesellschaftlichen Dialog.
„Wir sehen in unseren Einrichtungen täglich, wie lebensgefährlich insbesondere der Konsum synthetischer Opioide ist“, sagt Serdar Saris, Geschäftsführer der Paritätischen Suchthilfe Niedersachsen. „Prävention und Hilfe dürfen nicht an Bürokratie oder Budgets scheitern. Diskussionen über vermeintlich explodierende Kosten für den Crack-Konsumraum hier in Hannover passen angesichts der dramatischen Zahl an Drogentoten nicht in unsere Zeit und dürfen nicht dazu führen, dass gesellschaftlich und politisch die Sinnhaftigkeit solcher Maßnahmen infrage gestellt wird.“
Besorgniserregend ist der Anstieg der drogenbedingten Todesfälle in Niedersachsen und in Deutschland – seit 2012 ist ein Aufwärtstrend zu verzeichnen: Damals starben deutschlandweit 944 Menschen im Zusammenhang mit Drogenkonsum; im vergangenen Jahr waren es 2.137. Der leichte Rückgang im Vergleich zu 2023 (auch in Niedersachsen ging die Zahl etwas zurück) kann über den Langzeittrend nicht hinwegtäuschen.